
Nach durch den Umbau und Urlaubsgäste sehr langer Zeit in Bushbabys Nest und der Krügerregion, freuen wir uns, mit Bushbaby und einfach zu zweit erneut auf Achse zu gehen. Wir wollen der Hitze im Lowveld entfliehen und Neues entdecken. Dazu gehören die Bergkönigreiche Lesotho und Eswatini, die wir auf früheren Reisen gestreift, aber viel zu wenig davon gesehen haben. Fünf Wochen können wir uns für diese Erkundungsreise nehmen, danach haben wir andere Pläne.
Geschichtsträchtiges Südafrika
Wir fahren aus der sehr heissen, regnerischen und von Überschwemmungen geplagten Region von Skukuza über das Numbitor und weiter südlich. Zwei Nächte verbringen wir am See von Chrissiesmeer, wo uns zu unserer Überraschung ein Vogelparadies erwartet. Ausserdem scheint uns hier und auf der Fahrt weiter nach Süden die Geschichte Südafrikas überall zuzuwinken. Hier, wo die Buren unter Paul Krüger auf dem ‘Grossen Trekk’ hinzogen und das Land zu bewirtschaften begannen, stehen steinerne Grenzsteine, die wohl schon die Burenkriege zwischen den holländischstämmigen reformierten Buren und der Kolonialmacht England sahen. Verfallende Hütten auf weiten Ländereien ziehen mich in ihren Bann. Schliesslich erreichen wir Underberg in den Drakensbergen von KwaZulu-Natal, wo wir 2023 als Freiwillige zwei Wochen mit WildlifeACT im Geierprojekt mitgearbeitet haben. Mit etwas Stolz schauen wir auf das nun bewirtschaftete Beobachtungs- und Fotoversteck, bei dessen Erstellung wir mitgeholfen haben. Ansonsten ist kein Geierwetter und im Bergcamping auf der Pferdefarm von Khotso ziehen wir uns am Abend früh ins Zelt zurück, das ab sofort zum häufigen Rückzugsort wird. Auch wenn wir bisher vom Regen verschont geblieben sind, war uns bewusst, dass Sommer und gleichzeitig Regenzeit ist. Jetzt allerdings kommt Wasser in Massen, doch wir sind gut ausgerüstet.
Lesotho - das 'Bergkönigreich unter dem Himmel'
Wir kennen den Sanipass, das Eintrittstor nach Lesotho aus dem Projekt, und da uns das kleine Land – ungefähr ¾ der Fläche der Schweiz – so gut gefallen hat, wollen wir mehr davon auskundschaften. Der Sanipass gehört wegen seiner Steilheit, den Serpentinen und der Aussicht wohl zu den spektakulärsten Strassen überhaupt und Bushbaby meistert ihn in der Untersetzung langsam, aber sicher. Danach führt uns der Weg durch die zentraleren Berge, teilweise auf miserablen Naturstrassen, aber auch auf erstklassigem Asphalt. Zuerst quer durch, dann rundherum. Der höchste Punkt des Landes liegt auf rund 3600 m, sein tiefster auf etwa 1200 m und gilt somit als eines der höchstgelegenen Länder der Welt. Die Route führt uns wie eine Berg- und Talbahn über Pässe und an den Katse-Stausee, wobei wir in ungewohnten Höhen und geschützten Tälern übernachten, an Flüssen und in Alpenlandschaften. Nebst der schroffen Landschaft faszinieren uns die Menschen, die Land- und Viehwirtschaft betreiben und ihre Lebensweise.
Bergwelt
Die raue Weite voller Gipfel scheint grenzenlos, dazwischen liegen Hochebenen, die kaum je von Zäunen durchbrochen werden. Die Schaf- und Ziegenherden werden tagsüber von Hirten bewacht und nachts bleiben sie in den Siedlungen in steinernen Umfriedungen. Ein gutangezogener Mann trägt in Lesotho eine Wolldecke aus Merino- oder Mohairwolle (manchmal ohne viel darunter) und einen Strohhut, beides typisch für das Land, Gummistiefel sowie einen Stab oder eine Gerte, um die Tiere zu lenken. Das alles lernen wir von einem Pastor, der uns die Grundlagen der Kultur der Basutu, die Sesutu sprechen, erklärt. Oft sind die Gesichter der Hirten hinter einer Baclava versteckt, einer Wollmütze, die ähnlich unserer Roger Staub Mütze über das Gesicht gezogen werden kann. Kein Wunder, denn hier, in der ‘Schweiz Afrikas’ wird es im Winter sehr kalt, es liegt viel Schnee und die Leute leben in einfachen Hütten. Der Westen des Landes, wo auch die Hauptstadt Maseru liegt (hier fahren wir über Südafrika, weil Campingplätze in Lesotho eher rar sind und das Wildcampen auf dieser Route fast unmöglich ist) ist moderner, dicht besiedelt und hat mehr Verkehr. In den Bergen sieht man vor allem (vollgestopfte) Minibusse und Taxis, die die Leute von den Dörfern in die Städte bringen.
Eine eindrückliche Begegnung
Die Strecke von Mokhotlong nach Taung gehört zum abenteuerlichsten, das wir mit Bushbaby bisher erlebt haben. Stundenlang kämpft sich Bushbaby auf aufgewaschenen steilen Steinstrassen, wir würden es eher Wanderweg nennen, den Berg hoch. Wir sind uns nicht sicher, ob wir umdrehen sollen, denn die zurückzulegende Distanz scheint uns auf diese Weise unendlich, doch auf der Passhöhe entscheiden wir uns, dass wer A sagt, auch B sagen muss. Ausserdem ist es auch genauso unattraktiv, die ganze Strecke wieder zurückzufahren. Die Strasse wird minim besser und wir kurven langsam abwärts. Unvermittelt sehen wir ein Fahrzeug und ein Motorrad mit einem jungen Paar, das auf seiner Zweimonatsreise auf die andere Seite des Passes will, aber eine Panne hat. Sie scheinen erleichtert uns weisse Europäer zu sehen, denn das Motorrad der beiden Griechen will nicht mehr und das Werkzeug wurde ihnen bei der letzten Panne bereits geklaut. Manfred und Oristos versuchen alles, doch die Maschine springt nicht an und tut keinen Wank. Wir bieten Gesellschaft, mentale Unterstützung, zu Trinken und etwas Kleines zu essen, bis ein Pick-up kommt und anbietet, das Motorrad und seine Passagiere nach Mokothlong zu bringen. Die beiden haben noch eine knappe Woche, bis ihr Flug zurück nach Kreta geht. Leider können wir sie nicht erreichen und wissen nicht, wie die Geschichte ausgegangen ist – doch wird uns einmal mehr bewusst, wie gut ausgestattet und dennoch verletzlich wir sind.
Tierwelt
Wildtiere sehen wir in Lesotho nicht allzu viele, da sind die Eisratten beim Sanipass, hübsche kleine Mäuse, die sich dem kalten Klima offensichtlich gut angepasst haben, ansonsten vor allem auf den Felsen herumkletternde oder sich sonnende Echsen. Vogelmässig konnte das wunderschöne Land Manfreds (hohe) Erwartungen kaum erfüllen. Höhepunkte waren die Kahlkopfibisse, die an den Waldrapp erinnern, die Überflüge von Bart- und Kappgeiern und einige wenige neue Arten, wie der Dominohabicht. Landschaftlich gesehen gehört das Wasserschloss Lesotho mit seinen Stauseen, die die südafrikanische Grossregion Gauteng inklusive Johannesburg und Pretoria über kilometerlange Röhren mit Wasser versorgt, zu den Höhepunkten unserer Afrikareisen.
Wildcampen in Südafrika
Nachdem wir den Kreis fast bis zum Sanipass geschlossen und den Sehlabathebe Nationalpark, leider bei Regen und Nebel, ausgekundschaftet haben, verlassen wir Lesotho. Noch immer verstehen wir nicht, weshalb hier eine erstklassige, breite Schnellstrasse gebaut wurde, die in einem der kleinen Dörfer abrupt endet und auf der wir kaum je einem Fahrzeug begegnen, sondern nur Kühen, Ziegen und ab und zu einem Reiter. Über den kleinen Grenzübergang von Ramatsaliso erreichen wir erneut die südafrikanischen Drakensberge, wo wir auf einer grottenschlechten Strasse durch Haine von Proteabäumen in Richtung Zivilisation fahren. Nach den vielen Nächten genussreichen Wildcampens können wir es nicht lassen und schlafen ein erstes Mal in Südafrika auch einfach auf einem schönen Platz neben der praktisch verkehrsfreien Strasse. Das Risiko dürfte klein sein, ist doch der Grenzposten nachts geschlossen und keine Siedlung in der Nähe.
Berge, Meer und viel Regen in Kwa Zulu Natal
Mount Curry, einige Höhenmeter tiefer gelegen, erreichen wir über eine miserable Naturstrasse. Der ruhige Platz direkt am Stausee bietet Erholung und ein Wetterspektakel mit Gewittern und Regenbogen. Danach geht’s weiter, an einen unserer Lieblingsorte, ins uMlalazi-Reservat mit seinen vielfältigen Ökosystemen. Mit dem Ausläufer eines Zyklons vom Kanal von Mosambik erreichen uns nicht nur heftige Regenfälle, die uns überschwemmen, sondern offensichtlich auch Meeresvögel, die nicht an die Küste gehören. Wir finden eine erschöpfte Seeschwalbe (Sooty Tern), die wir dank einem lokalen Vogelführer und einheimischen Vogelfreundinnen retten können. Wir überstehen den grossen Regen besser als der Krügerpark, in welchem Brücken mitgerissen und Strassen weggeschwemmt wurden. Allerdings ist Bushbaby bis ins Innerste nass, die Türen wurden zu Wassertanks und in den Schränken ist alles feucht.
Zululand
Nun ist Sonnenschein gefragt und wir entscheiden uns, in den iMfolozipark zu fahren, wo wir zwei Nächte in Mpila in einem Chalet verbringen. Wir trocknen das Zelt, die Schuhe, die sogar in der geschlossenen Schuhschachtel aufgeweicht wurden, Stühle, und alles, was feucht ist, an der Sonne. Anhand ihres Status bemerken wir, dass Claudia und Res mit Freunden auch im Park sind und treffen die Gruppe zu einem herrlichen Frühstück und fröhlichem Zusammensein.
St. Lucia zieht uns unweigerlich an, erst recht, weil Ruan und Lizandra, zwei Vogelverrückte, auf unserem geliebten Zeltplatz Sugarloaf campen. Gemeinsam essen wir, suchen Vögel und geniessen das coolste Städtchen Südafrikas bei trockenem Wetter und blauem Himmel. Schliesslich fahren wir durch den iSimangaliso Wetlands Park weiter in den Norden, ins Mkhuze-Game Reserve, wo im vertrauten Umfeld einmal mehr Heimatgefühle aufkommen.
Königreich Eswatini
Eigentlich hat uns das frühere Swasiland schon lange interessiert, aber es lag irgendwie nie am Weg oder wir hatten zu wenig Zeit. Diesmal reichte es zumindest für eine Schnupperfahrt. Die erste Nacht verbringen wir im flachen, nicht sehr attraktiven Süden des Landes, das von einem hohen Felsband von Südafrika getrennt ist, in KaMsholo, einem kleinen Reservat an einem Stausee, mit einem Restaurant. Von dort fahren wir quer durch das Land und erleben dabei ziemlich viel Veränderung. Die hervorragende Strasse führt in Richtung der Hauptstadt Mbabane, wobei sich die Umgebung immer hügeliger zeigt und schliesslich, als wir weiter nach Norden abbiegen, folgen wir grasbedeckten Hügeln, die das Vorland hoher Berge bilden.
Malalotja-Nationalpark
In diesem grünen Grasland liegt der Malalotja Nationalpark. Der lauschige Campingplatz bietet alles, was wir brauchten, und wir waren haben ihn, von Eland und Blesbok beobachtet, bei schönstem Wetter ganz für uns. Über Naturstrassen erkundeten wir die eindrückliche, wenn auch nicht sehr abwechslungsreiche Landschaft, suchen Vögel und geniessen Spaziergänge, auf denen wir dir wunderschön blühenden Pflanzen bestaunen. Den zweiten Tag verbringen wir mit einem ehemaligen Parkranger, der uns zu den wichtigsten Vogelorten führt – der Erfolg ist bescheidener als das Erlebnis, in der Natur zu wandern und zu klettern. Vor allem beeindruckten uns die Erzählungen aus seinem Leben: er hat zwölf Kinder - von einer Frau, das ist hier nicht selbstverständlich - und dreissig Grosskinder. Eine Rente erhält er nach der Pensionierung nicht. Wir fahren ihn nach Hause, über eine Strasse, die man im hohen Gras kaum erkennt, eigentlich einfach eine Reifenspur. Auf einem eingezäunten Grundstück stehen zwei, drei traditionelle Häuser, teilweise noch im Bau, so dass erst einzelne Räume bewohnt werden können. Mit sichtlichem Stolz zeigt uns Leonard den Bauplatz und stellt uns seine Familie vor. Seien Frau ist leider am Sammeln von Feuerholz. Lebensgeschichten wie diese beeindrucken uns immer sehr und wir freuen uns, dass wir ihm einen grosszügigen Lohn übergeben können.
Magischer Moment
Am nächsten Morgen stecken wir in dichtem Nebel, doch Manfred geht vor der Weiterfahrt auf Fototour. Er hofft, einen der hier vorkommenden Grasvögel ablichten zu können. Beim Zurückkommen strahlt er übers ganze Gesicht und erzählt, er habe etwas erlebt, was noch magischer gewesen sei als die Sichtung der Flaggennachtschwalbe: Eine Graseule sei vor ihm aufgeflogen und habe ihn in den Nebelschwaden neugierig umrundet.
Pause zuhause im 'Nest'
Unsere Reisezeit geht dem Ende entgegen und wir verlassen Eswatini über die abenteuerliche und beeindruckende Bergstrecke über Piggs Peak und Barberton. Schon steuern wir unser letztes Ziel an: Kaapsche Hoop, wo wir auf einem Pferdehof übernachten. Den nächsten Vormittag werden wir in dieser Berglandschaft noch einmal auf eine Vogelexkursion geführt und staunen einmal mehr über das unglaubliche Wissen lokaler Führer, denn Johan weiss ganz genau, wo jeder Vogel zu finden ist. Nach einem Mittagessen nehmen wir den letzten Streckenabschnitt unter die Räder und fahren nach Hause in den Sabiepark, zu Bushbabys Nest. Hier wird Bushbaby ausgeräumt, geputzt und auf Vordermann gebracht, Lessi gut ausgerüstet, Wäsche gewaschen, im Haus wieder Ordnung gemacht und für die Reise gepackt. Wir geniessen Zeit mit Nicola und Tony, auf dem Picknickplatz und natürlich ein Osso Buco im und mit (Kater) 'Topolino' in Hazyview.
Visa-Happy End
Tonys bringen uns zum Flughafen und wir fliegen direkt nach Kaptstadt, wo wir in einem Hostel in Green Point drei Nächte gebucht haben. Zu Fuss können wir von hier aus in die 2 Long Street, wo wir die Resultate unserer Visaanträge abholen können. Montagmorgens um neun sind wir da, doch schon wartet eine Menschenschlange, die Ähnliches vorhat wie wir. Insgesamt benötigen wir sechseinviertel (!!) Stunden in der Schlange. Zuerst draussen, dann im Gebäude, schliesslich in Warteräumen, bis wir - nach dem wir die Bearbeitungsnummer 202 erhalten (im Moment wird 26 aufgerufen), sogar mit einer Essenspause - den Schalter erreichen. Nach dem Ausfüllen eines Formulars öffnet die sehr freundliche Beamtin einen versiegelten Umschlag und hier liegen sie, unsere neuen Pensionärsvisa. Obwohl ich Zweifel hatte, dass meine alte Übertretungsgeschichte und die fünfjährige Verbannung als 'unerwünschte Person' bis 2021, die immer noch im elektronischen System sichtbar ist und meine Einreise an Flughäfen immer verkompliziert, haben wir beide die Aufenthaltsbewilligung bis Ende 2028 erhalten. Schon wieder ein Grund zu feiern, was wir unter anderem mit unserer schweizerisch/südafrikanischen Schwägerin Nadine tun, mit der wir die für uns schon fast traditionelle Fahrt mit dem 'Hop on – hop off'-Bus unternehmen und gemütlich essen und anstossen. So lebendig und voller Touristen haben wir Kapstadt noch nie erlebt und geniessen die warmen, sonnigen Sommertage sehr.
Schliesslich fliegen wir von Kapstadt über Johannesburg in die eiskalte Schweiz, wo neben einer neuen Hüfte für Manfred eine reiche Zeit mit vielen schönen Begegnungen mit Familie und Freunden wartet.
Übrigens: Für unseren Bild- und Büchervortrag am 15.3. in Hünenberg gibt's noch einige freie Plätze, hier erfährst du mehr und kannst direkt reservieren.
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